Unser Ziel waren die Konik Pferde und Exmoor Ponys im Landschaftspark Nohra, doch dann haben wir noch viel mehr erfahren. Das war für uns eine echte Überraschung.
Ein ehemaliger Militärflugplatz mit verschiedenen Nutzern hat sich hier bis heute zu einem Landschaftspark und Naturschutzgebiet auf einer Fläche von 160 ha entwickelt. Das Gelände ist Eigentum der Stiftung Landschaftspark Nohra, deren Satzungszwecke sich neben der Entwicklung eines Naherholungsgebietes vor allem auf Naturschutz, insbesondere auf den Vogel- und Pflanzenschutz konzentriert.
Wir starten an der Pension „Zum Kommandant Weimar“, was sicher auch eine wechselhafte Geschichte hatte und wollen als erstes zum Solarpark. Der Weg führt uns durch den Landschaftspark mit Wander- und Reitwegen, vorbei an einem alten Hangar, in dem die Hubschrauber untergestellt waren. Sie soll wiederhergestellt und künftig als Unterstellmöglichkeit dienen aber nicht ohne Nisthilfen für Vögel und Fledermäuse.
Das Areal mit den Solarpanelen war schon sehr früh für eine solche Nutzung vorgesehen und sichert nun einen großen Teil der Einnahmen der Stiftung. Anfangs noch mit Freischneider und Rasenmäher freigehalten, übernehmen nun circa 65 Kamerunschafe diese Arbeit. Sie haben sechs Felder, die sie abwechselnd beweiden und so ist fast keine maschinelle Nacharbeit notwendig. Sie kommen bei dem Areal auch ganz ohne Zufüttern aus, nur etwas Hafer und Mais dient dem Anlocken und dem zahm halten der Tiere. Diese Rasse kommt ohne Schafschur aus, wie man sieht. Allerdings sind Jäger, wie die Goldschakale, die sich auf dem Ettersberg angesiedelt haben, eine Gefahr, vor der vor allem die Jungtiere geschützt werden müssen. Wie einfach sich Technik und Natur ergänzen.
Das Ergebnis ist ein wunderbares Areal für Vögel wie Gold- und Grauammer, Schwarz- und Braunkehlchen, Steinschmätzer und Wendehals und noch viele mehr, die hier ungestört ohne Menschen, Lärm, freilaufende Hunde leben können. Und auch den Insekten, ob Käfer, Heuschrecke oder Schmetterling, kommt die extensive Beweidung ohne Mahd von Futter- und Eiablagepflanzen sehr zugute.
Eine besondere Vogelart wurde im letzten Jahr durch Weimarer Ornithologen auf dem Gelände gesichtet, das waren die Bienenfresser. Ein Starkregen hat allerdings ihre Bruthöhlen zerstört, so dass im nächsten Jahr spezielle Nisthilfen angeboten werden sollen.
Unser Weg führt uns weiter zu einem höhergelegenen Areal, mit wunderschönem Baumbestand verschiedener Art, auch Freiflächen mittendrin sind da. Die Erde stammt aus dem GVZ Erfurt, was hier aufgeschüttet wurde, ziemlich locker, wenig verdichtet, so dass manche Freifläche zwischen dem Baumbestand geblieben ist, was für bestimmte Arten, Tieren wie Pflanzen sehr nützlich ist. Der gesamte Baumbestand stammt aus einer Ausgleichsmaßnahme aus Südhessen, von der wir hier profitieren. Im April sind hier ganz besonders viele Vogelarten zu entdecken und im Juli wimmelt es nur so vor vielen verschiedenen Schmetterlingsarten. So wurde es uns von Rene Kästner von der Stiftung, der für uns die Führung macht, gesagt. Wir haben es noch nicht gesehen und werden es ganz bestimmt im nächsten Jahr überprüfen.
Danach treffen wir wieder auf eine Wiese auf ursprünglichem Niveau. Hier gibt es Lesesteinhaufen, eine Zauneidechse war zu sehen, ein paar Schmetterlinge wie Tagpfauenauge, Kohlweißling und kleines Wiesenvögelchen waren auch noch unterwegs.
Dann endlich waren wir bei den Koniks, kleinen Pferdchen, die das ganze Jahr auf verschiedenen Koppeln leben und Landschaftspflege betreiben. Sie halten Gras und Büsche kurz. Auch andere Menschen fühlen sich zu den Tieren hingezogen und streicheln sie, lesen ihnen die Kletten aus der Mähne und genießen ihre Gesellschaft.
Interessant ist, dass diese Pferdchen keiner Hufpflege bedürfen, wenn sie natürlich leben. Also in der Vegetationszeit genügend Nahrung finden, aber auch Hungerzeiten im Winter haben, Dann lösen sich die Hufschichten und es muss nicht künstlich durch den Menschen nachgearbeitet werden. Hinweise aus der Bevölkerung, dass die Tiere Durst leiden, haben uns in diesem Jahr auch erreicht. Das kommt aus einem einzigen Grund vor, nämlich wenn ein Umzug auf eine andere Koppel bevorsteht. Dann folgen die Pferde ganzfreiwillig dem Wasserwagen, der ihnen sehr gut bekannt ist zur nächsten Weide und das ganz ohne Zügel und ohne Bedenken, dass sie mal andere Wege einschlagen.
Ganz in der Nähe dieser Koppel gibt es einen kleinen See, der von einem Zulauf gespeist wird. Er hat allerdings seit einigen Jahren ein Problem, nämlich Karpfenbesatz. Ein nächstes Projekt soll das wieder ändern, weil die Karpfen Amphibienlaich und Insektenlarven vertilgen. Ganz eindrücklich zeigt sich das im Vergleich zu einem Teich ohne Karpfen, knapp hundert Meter weiter. Dort sind am frühen Morgen ganz viele Fledermäuse auf Insektenfang unterwegs, während das zu gleicher Zeit über dem „Karpfenteich“ nicht der Fall ist.
Unser Weg führt uns weiter zur Montessori-Schule, einer Integrationsschule, die seit kurzem auch ein ganz besonderes Projekt hat. Ein Sandarium, eine „Wohnsiedlung“ und die Kinderstube von Wildbienen. Sie lieben sandigen Boden, um in Erdhöhlen ihre Eier abzulegen und so für den Fortbestand zu sorgen. Das Sandarium ist in der Ecke des Schulhofes angelegt und kann von aufmerksamen Kinderaugen beobachtet werden.
Kaum 50m weiter in einem kleinen Wäldchen wartet schon das nächste größere Projekt. Hier standen Wohnblocks aus DDR-Zeiten, die aber abgerissen wurden. Zwei nicht verfüllte Kellerräume dieser Blocks, in denen sich Wasser sammelt, aber auch mittlerweile kleine Bäume gewachsen sind, sollen zu Amphibienteichen ausgebaut werden. Die Wasserquelle sind die Dachflächen der Schule. Hier kommt das Förderprogramm NALAP zum Einsatz.
Unser Rückweg führt uns zum Kolbsheimhaus. Dieses Haus war eines der ältesten Häuser aus Kolbsheim, einer elsässischen Gemeinde und Partnerstadt von Nohra. Es sollte einer Umgehungsstraße weichen. Aber die findigen Bürgermeister der Gemeinden haben vereinbart, dass das schöne alte Haus nicht dem Abriss preisgegeben werden soll, sondern Stein für Stein und Balken für Balken dort abgebaut und hier wiederaufgebaut werden soll. Das geschah auch.
Aktuell wird es liebevoll saniert, mit dabei ist unser alter Bekannter Stephan Töpfer von Lehmbaukunst Erfurt. Dieser musste kurzfristig die Sanierungsarbeiten einstellen, weil der Lehm von Wildbienen als Wohnung genutzt wurde, was er natürlich gerne macht.
Das Haus wird der Stiftungssitz und Übernachtungsmöglichkeit für Studenten, die dort gerade unterwegs sind. Geplant ist an diesem Standort auch ein Umweltbildungszentrum, was gerade im Entstehen ist.
Eine tolle Idee und apropos, wir haben auch selbst ganz viele Ideen aus dieser Begegnung für unseren BUND-Garten mitgenommen. Insbesondere was Vernetzung, Exkursionen, Fortbildung und Bildungsangebote betrifft.
Es war ein toller Ausflug, wir sind beeindruckt, was gleich vor unserer Haustür für Engagement, Herzblut und Hartnäckigkeit für den Artenschutz zu finden ist, im Einklang mit Erholung für die Anwohner und Gäste. Und das Schönste, es gibt noch so viele Ideen für Neues, ob Streuobstwiesen oder Blühstreifen. Stiftung, Anwohner und die Gemeinde wollen das gemeinsam erreichen.
Sicher kommen wir wieder und erkunden zu verschiedenen Jahreszeiten, wer auf dem Gelände lebt und was noch für tolle Projekte entstehen umgesetzt werden.
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